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Der Aufstieg Donald Trumps und der Untergang Amerikas (deutsche Ausgabe von Confidence Man) - Rezensiert in der SZ von Matthias Kolb
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Noch ein Buch über Donald Trump? Aber ja! Zumal jetzt, wo er es - wie er jüngst sagte - "wahrscheinlich" noch mal tun müsse. Die Starreporterin der New York Times, Maggie Haberman, verfolgt die Karriere von Donald Trump seit Jahrzehnten. Kaum jemand kennt ihn, seine Einflüsterer und Stiefellecker besser als sie. Und sie kann seine Politik besser analysieren als viele andere - weil sie ihn ernst nimmt. Die vielen Skandale seiner ersten Amtszeit, die bei der Lektüre zum wiederholten Male schockieren, werden in "Täuschung" so genau nachgezeichnet, dass das Buch zum Standardwerk werden dürfte.
Das schreibt Maggie Haberman über Donald Trump. Die Starautorin der "New York Times" verfolgt die Karriere des ehemaligen US-Präsidenten seit Jahrzehnten. Nun hat sie ein Buch über ihn veröffentlicht, das Pflichtlektüre ist - auch mit Blick auf 2024.
Es sind erstaunliche Sätze, mit denen Maggie Haberman den früheren US-Präsidenten Donald Trump beschreibt: "Aber die Wahrheit ist, dass ihn letztlich fast niemand wirklich kennt. Einige kennen ihn besser als andere, aber er ist oft schlichtweg undurchschaubar. Das erlaubt Menschen, Bedeutung und Tiefe aus jeder seiner Aktionen herauszulesen, wie hohl diese auch sein mögen." Mit diesem Urteil endet das mit Spannung erwartete Buch "Täuschung", das eindrucksvoll bestätigt, was im politischen Washington alle wissen: Haberman ist eine exzellente Trump-Kennerin. Ihre Artikel und Tweets sind nicht nur im Weißen Haus und in Mar-a-Lago Pflichtlektüre.
Die Autorin spricht von "Hassliebe"
Seit Jahren beschimpft Trump die Reporterin als "drittklassig", "böse" und "schrecklich" und doch gewährt er ihr ausführliche Interviews - auch für das Buchprojekt empfing er sie drei Mal. Haberman spricht von einer "Hassliebe", die sich über viele Jahre entwickelt hat. Denn die 48-Jährige berichtete schon über ihn, als sie für die New York Post arbeitete - jene Boulevardzeitung, auf deren Klatschseite "Page Six" der Immobilienunternehmer Dauergast war (und in deren Redaktion sich ihre Eltern kennenlernten). Nach einem Zwischenstopp bei Politico schreibt Haberman seit 2015 für die New York Times (NYT), von der Trump besessen ist: Er giert nach deren Anerkennung und attackiert die NYT laufend, weil seine Anhänger dieses Elite-Medium nicht lesen und für abgehoben halten.
Haberman versucht nicht, die Werke von Michael Wolff oder Bob Woodward mit Gerüchten, Enthüllungen oder krassen Zitaten zu übertreffen. Ihr Buch, für das sie mit mehr als 250 Personen sprach, überzeugt aus zwei Gründen: Sie analysiert das Handeln Trumps klar und mit der Autorität einer Frau, die den heute 76-Jährigen stets ernst genommen hat. Der Republikaner sei "gewieft und intelligenter, als seine Kritiker ihm zugestehen wollten", schreibt sie und bescheinigt Trump zu Recht "einen Überlebensinstinkt, der in der politischen Geschichte Amerikas seinesgleichen suchte". Zudem argumentiert Haberman, dass Trump bis heute vom New York der Siebziger und Achtziger geprägt ist und sich kaum verändert hat. Für die US-Demokratie ist dies ein Desaster.
Widersprüche, Lügen - alles kein Problem
"Eingefroren" in der damaligen Zeit wirkt er auf sie. Damit meint Haberman, dass Trump alles als verhandelbar ansieht. Wenn es eng wird, zaubert er eine andere Provokation hervor, und die Medien sind ebenso abgelenkt wie die politischen Gegner. Trump hat keine Probleme damit, sich dauernd selbst zu widersprechen und offensichtliche Lügen zu verbreiten, weil er als Berühmtheit damit seit Jahrzehnten durchkommt. Seine Comebacks gelingen, weil er sich schlicht weigert zuzugeben, dass etwas nicht in Ordnung ist.
Detailreich porträtiert Haberman Figuren wie New Yorks Bürgermeister Ed Koch, den schwarzen Bürgerrechtler Al Sharpton oder Meade Esposito, den Boss der Demokraten in Brooklyn. "Mit eiserner Faust" habe der Projekte durchgesetzt, schwärmte Trump noch im Sommer 2021 - dessen Vater Fred sicherte seine Bauvorhaben durch Schmiergelder an Esposito. Der Anwalt Roy Cohn zeigte Trump als eine Art Mentor, dass Angriff die beste Verteidigung ist, Drohungen oft wirken und man nie auch nur den kleinsten Fehler zugeben darf. Und in New York traf Trump auch Rudy Giuliani und Politberater Roger Stone, die ihm bis heute einreden, dass er die Wahl 2020 nur wegen eines Betrugs verloren hat. Stone versuchte übrigens schon 1988 Trump zur Präsidentschaftskandidatur zu überreden - und drängte diesen, bereits 2011 anzutreten. Ganz unvorbereitet kam Trump also nicht ins Amt.
Seine Fans akzeptieren keine Kompromisse
Bekanntlich wuchs Trump im Stadtteil Queens auf - und wollte dann als Bauunternehmer Manhattan erobern und von der dortigen Elite akzeptiert werden. Dass ihm dies nie gelang, führt nach Habermans Überzeugung dazu, dass Trump seine Basis nie aufgeben und diese mit der bekannten Mischung aus Vorurteilen, Fremdenhass und simplen Lösungen bei Laune halten wird - auch wenn er seine Anhänger als "Verlierer" und "fucking crazy" bezeichnet. Die Überzeugung, dass seine Basis Kompromisse nicht akzeptiert, führte in seiner Amtszeit etwa dazu, dass Trump nach Anschlägen wie dem Mehrfachmord an der Highschool in Parkland sein politisches Kapital nicht nutzte, um strengere Waffengesetze durchzusetzen - die Lobbyisten der NRA redeten es ihm aus.
Der "Gute" und der "Böse"
Kaum ein Reporter kennt so viele aus Trumps Universum wie Haberman. Dass es den "Bösen Trump" gibt, der rassistische Sprüche klopft und "sich ausschließlich für Geld, Dominanz, Macht, Tyrannei und sich selbst interessiert", leugnet keiner seiner Angestellten, Familienmitglieder oder Verbündeten. Dass ihm so viele die Treue halten, liegt laut Haberman am "Guten Trump": Der ist großzügig und kann "witzig und unterhaltsam sein, fürsorglich und aufmerksam" - und manchmal sogar Ratschläge annehmen. Es spricht für Habermans Souveränität, dass sie erklären will, was Mitarbeiter an diesem Mann finden. Sie zitiert einen langjährigen Freund des Ex-Präsidenten. Trump nahe zu stehen, sei "wie mit einem Hurrikan befreundet" zu sein: "Es war sehr aufregend, aber irgendwie wusste man nie so recht, woher der Wind wehte."
Die Starautorin der New York Times zweifelt nicht daran, dass Trump 2024 versuchen wird, erneut ins Weiße Haus gewählt zu werden. Dass er plötzlich Interesse an Aktenstudium oder dem Verständnis komplexer Sachverhalte entwickeln wird, ist nicht zu erwarten. Die vielen Skandale seiner ersten Amtszeit, die bei der Lektüre zum wiederholten Male schockieren, werden in "Täuschung" so genau nachgezeichnet, dass das Buch zum Standardwerk werden dürfte. Dass Trump nichts unternahm, um den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zu stoppen, macht immer noch sprachlos. Erbarmungslos dokumentiert Haberman die Aussagen von Republikanern wie Lindsey Graham oder Mitch McConnell, die den abgewählten Präsidenten kurz nach dem Umsturzversuch kritisiert hatten - und nun wieder mit ihm zusammenarbeiten, weil dies ihr politisches Überleben sichert. "Trump hatte bewiesen, dass die Mehrheit der Republikaner in Washington, die sich ihm anfangs widersetzt hatten, genau solche Feiglinge waren, wie er behauptet hatte." Vor allem deswegen muss man sich Sorgen machen um die USA.