Erleben Sie höchsten Puzzlespaß mit unseren einzigartigen Holzpuzzles - Hier entdecken >>
Rezensiert in der SZ von Fritz Göttler
[{"variant_id":"43651248849163" , "metafield_value":""}]
Bevor diese Geschichte beginnt, fliegt eine Kaffeemaschine aus dem Fenster des Lehrerzimmers. Dann fliegt Kim. Und zwar von der Schule. Ihre Mutter schickt sie in ein Dorf im Nirgendwo, zu ihrem Exfreund René. Dort geht Kim zur Schule und arbeitet nebenbei an einer Tankstelle, wo sie Janne trifft, der süchtig nach Erdnussbutter-Schokoriegeln ist. Gegen ihren Willen werden Janne und Kim so etwas wie Freunde. Doch sie bleiben nicht lange zu zweit. Aus Janne, Kim und Alex(andra Sofie) entsteht ein Dreiergespann. Bald wissen sie nicht mehr so richtig, wer genau was für wen empfindet. Und wäre das nicht schon kompliziert genug, muss Kim immer wieder den Drang bekämpfen, alles zu zerstören, was ihr zu nahe kommt.Sarah Jäger erzählt klug, berührend und humorvoll von einer Dreierfreundschaft, die eigentlich zum Scheitern verurteilt ist.
Für die meisten Leute hat Kim einfach ein "Aggressionsproblem", sie fliegt von der Schule, und keine andere Schule in der Stadt ist bereit, sie anzunehmen für ein letztes Schuljahr. Sie muss zum Ex-Freund ihrer Mutter, René, ziehen, tief in die Provinz. Es ist Kim selbst, die in Sarah Jägers drittem Roman erzählt. Sie ist renitent und trotzig, die Logik und Assoziationskraft, mit denen sie ihre Ausbrüche und Aktionen schildert, sind naiv und manchmal nervig altklug, aber immer konsequent - man kennt das revolutionäre Potenzial, das darin steckt, aus den großen gesellschaftlichen Bewegungen seit den Sechzigern: "Mach es kaputt, bevor es dich kaputtmacht." Sie jobbt an einer Tankstelle im Ort und lernt dort zwei neue Freunde kennen, etwas Neues entsteht. Bei Sarah Jäger werden die Jugendlichen so ernst genommen wie einst bei Erich Kästner.
Vollständige Rezension anzeigen Ein Urknall in der Provinz In Sarah Jägers "Schnabeltier Deluxe" über ein widerspenstiges Mädchen werden die jungen Menschen so ernst genommen wie einst bei Erich Kästner. Die neue Kaffeemaschine segelt durch die Luft, gefolgt von einer Reihe Tassen. Keine einfache Kaffeemaschine, sondern eine Siebträgermaschine! Kim hat sie aus dem Fenster geschmissen, in zornigem Impuls, sie hat gerade ihre Physikarbeit zurückbekommen, eine Sechs. Es war nur ein Experiment, erklärt sie dem Schuldirektor ihr Verhalten, zur Urknalltheorie. Für die meisten Leute hat Kim einfach ein "Aggressionsproblem", sie fliegt von der Schule, und keine andere Schule in der Stadt ist nach dem Urknall bereit sie anzunehmen für ein letztes Schuljahr. Also kontaktiert ihre Mutter ihren Ex-Freund René, der ging nach dem Aus der Beziehung in sein Heimatdorf zurück, tief in der Provinz, und wohnt nun bei seiner Tante Agnes im Haus. Er kennt den Direktor einer Gesamtschule in der Stadt, ein paar Kilometer entfernt - ein "Sandkastenkumpel" -, und der würde Kim aufnehmen. Sie wird bei René wohnen, aber - das ist der Haken - allein, die Mutter bleibt zurück in der Stadt, wo sie im Krankenhaus arbeitet: "Es ist ja nicht so, als würden dir viele Türen offen stehen." Das ist in diesem Fall einfach die falsche Formulierung, und als die Mutter fort ist, hebelt Kim alle Türen in der Wohnung aus, auch den Bambusvorhang zur Küche reißt sie herunter, und schließlich ist sie kurz davor, die Wohnungstür das Treppenhaus hinunterzuwerfen, vier Stockwerke. Kim schreibt sich mit Eddingstift auf den Unterarm: "Du vermasselst das nicht." Es ist Kim selbst, die in Sarah Jägers drittem Roman erzählt. Sie ist renitent und trotzig, die Logik und Assoziationskraft, mit denen sie ihre Ausbrüche und Aktionen schildert, sind naiv und manchmal nervig altklug, aber immer konsequent - man kennt das revolutionäre Potential, das darin steckt, aus den großen gesellschaftlichen Bewegungen seit den Sechzigern: "Mach es kaputt, bevor es dich kaputtmacht." Und es steckt ein gewisser Stolz in ihr, eine Bereitschaft eigene Fehler zuzugeben und Menschen, wenn sie sie erst mal näher kennt, neu zu beurteilen. Was sie sich für diese letzte Chance vorgenommen (und mit orangefarbenem Eddingstift auf den Unterarm geschrieben) hat: "Du vermasselst das nicht." Bei Sarah Jäger werden die Jugendlichen so ernst genommen wie einst bei Erich Kästner. René ist ein ruhiger, mit seinem Leben (auch was die neue Beziehung angeht) durchaus zufriedener Typ, alles andere als provinziell. Aber die Tante gibt sich unnahbar, sie vertilgt große Mengen von Essiggurken und bastelt kleine Schneekugeln und "Beruhigungsgläser". Kim mag sie nicht und macht ihre Verachtung deutlich durch messerscharf kalkulierte Zeichen - auf eine fiese beiläufige Art knickt sie eine der Rosen der Tante ab und wirft sie auf den Boden ("Ihre Blätter sind an den Rändern schon braun gewesen, sie wäre ohnehin bald verwelkt, deshalb zählt das nicht wirklich."). Kim jobbt an einer Tankstelle im Ort, um der Mutter den Schaden zu bezahlen, den sie bei der Demolierung der Wohnung verursacht hat, der Job ist öde, aber eines Tages kommt Janne in den Tankstellenshop, ein Junge mit rotem Reif im Haar, der im Frisörladen arbeitet. Er hat eine ganz eigene Art, mit dem Leben umzugehen, er liefert die eindeutigsten Feststellungen und Aussagen immer, als hätten sie ein Fragezeichen hinten dran. Auch für Janne hat Kim einen guten Rat: "Du darfst alles ... die Frage ist nur, ob du es willst." Als dritte gesellt sich ein älteres Mädchen dazu, Alex(andra Sophia), die die beiden zum Joggen animiert. Später ziehen sie zu dritt eine exaltierte Putzorgie durch: "Tonight forget about your fears, because I wanna dance with you ..." Und: "Maybe one day, we will fly." Auch die Provinz mit ihren alltäglichen Turbulenzen erhält in diesem Buch eine kosmische Dimension: "Alles ist auseinandergeflogen, und dann ist was Neues daraus entstanden", hatte Kim in ihrer Arbeit geschrieben. "Schätzungsweise unser Universum. Ist aber nur eine Theorie."
In Sarah Jägers "Schnabeltier Deluxe" über ein widerspenstiges Mädchen werden die jungen Menschen so ernst genommen wie einst bei Erich Kästner.
Die neue Kaffeemaschine segelt durch die Luft, gefolgt von einer Reihe Tassen. Keine einfache Kaffeemaschine, sondern eine Siebträgermaschine! Kim hat sie aus dem Fenster geschmissen, in zornigem Impuls, sie hat gerade ihre Physikarbeit zurückbekommen, eine Sechs. Es war nur ein Experiment, erklärt sie dem Schuldirektor ihr Verhalten, zur Urknalltheorie.
Für die meisten Leute hat Kim einfach ein "Aggressionsproblem", sie fliegt von der Schule, und keine andere Schule in der Stadt ist nach dem Urknall bereit sie anzunehmen für ein letztes Schuljahr. Also kontaktiert ihre Mutter ihren Ex-Freund René, der ging nach dem Aus der Beziehung in sein Heimatdorf zurück, tief in der Provinz, und wohnt nun bei seiner Tante Agnes im Haus. Er kennt den Direktor einer Gesamtschule in der Stadt, ein paar Kilometer entfernt - ein "Sandkastenkumpel" -, und der würde Kim aufnehmen. Sie wird bei René wohnen, aber - das ist der Haken - allein, die Mutter bleibt zurück in der Stadt, wo sie im Krankenhaus arbeitet: "Es ist ja nicht so, als würden dir viele Türen offen stehen." Das ist in diesem Fall einfach die falsche Formulierung, und als die Mutter fort ist, hebelt Kim alle Türen in der Wohnung aus, auch den Bambusvorhang zur Küche reißt sie herunter, und schließlich ist sie kurz davor, die Wohnungstür das Treppenhaus hinunterzuwerfen, vier Stockwerke.
Kim schreibt sich mit Eddingstift auf den Unterarm: "Du vermasselst das nicht."
Es ist Kim selbst, die in Sarah Jägers drittem Roman erzählt. Sie ist renitent und trotzig, die Logik und Assoziationskraft, mit denen sie ihre Ausbrüche und Aktionen schildert, sind naiv und manchmal nervig altklug, aber immer konsequent - man kennt das revolutionäre Potential, das darin steckt, aus den großen gesellschaftlichen Bewegungen seit den Sechzigern: "Mach es kaputt, bevor es dich kaputtmacht." Und es steckt ein gewisser Stolz in ihr, eine Bereitschaft eigene Fehler zuzugeben und Menschen, wenn sie sie erst mal näher kennt, neu zu beurteilen. Was sie sich für diese letzte Chance vorgenommen (und mit orangefarbenem Eddingstift auf den Unterarm geschrieben) hat: "Du vermasselst das nicht." Bei Sarah Jäger werden die Jugendlichen so ernst genommen wie einst bei Erich Kästner.
René ist ein ruhiger, mit seinem Leben (auch was die neue Beziehung angeht) durchaus zufriedener Typ, alles andere als provinziell. Aber die Tante gibt sich unnahbar, sie vertilgt große Mengen von Essiggurken und bastelt kleine Schneekugeln und "Beruhigungsgläser". Kim mag sie nicht und macht ihre Verachtung deutlich durch messerscharf kalkulierte Zeichen - auf eine fiese beiläufige Art knickt sie eine der Rosen der Tante ab und wirft sie auf den Boden ("Ihre Blätter sind an den Rändern schon braun gewesen, sie wäre ohnehin bald verwelkt, deshalb zählt das nicht wirklich.").
Kim jobbt an einer Tankstelle im Ort, um der Mutter den Schaden zu bezahlen, den sie bei der Demolierung der Wohnung verursacht hat, der Job ist öde, aber eines Tages kommt Janne in den Tankstellenshop, ein Junge mit rotem Reif im Haar, der im Frisörladen arbeitet. Er hat eine ganz eigene Art, mit dem Leben umzugehen, er liefert die eindeutigsten Feststellungen und Aussagen immer, als hätten sie ein Fragezeichen hinten dran. Auch für Janne hat Kim einen guten Rat: "Du darfst alles ... die Frage ist nur, ob du es willst." Als dritte gesellt sich ein älteres Mädchen dazu, Alex(andra Sophia), die die beiden zum Joggen animiert. Später ziehen sie zu dritt eine exaltierte Putzorgie durch: "Tonight forget about your fears, because I wanna dance with you ..." Und: "Maybe one day, we will fly."
Auch die Provinz mit ihren alltäglichen Turbulenzen erhält in diesem Buch eine kosmische Dimension: "Alles ist auseinandergeflogen, und dann ist was Neues daraus entstanden", hatte Kim in ihrer Arbeit geschrieben. "Schätzungsweise unser Universum. Ist aber nur eine Theorie."