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Roman - Der neue große Roman der Georg-Büchner-Preisträgerin und Gewinnerin des Deutschen Buchpreises - Rezensiert in der SZ von Marie Schmidt
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Vollständige Rezension anzeigen Sie werden diese Frau erkennen Nach ihrer Romanreihe über den Normalo Darius Kopp schreibt die genial präzise Erzählerin Terézia Mora jetzt eine "Trilogie der Frauen". Sie beginnt mit einem unheimlichen Fall von Gewalt in der Liebe. Würden Sie sich in diesen Mann verlieben? "Und schon wieder war ich mir nicht sicher, ob er mich wirklich brutal abgekanzelt hatte oder ob ich zu empfindlich war." Fragt sich eine Achtzehnjährige. Trau deinem Bauchgefühl, antwortet der Therapiesprech von heute. Aber der innere Kompass fehlt auch, "weil ich so völlig allein war, weil ich niemanden fragen konnte, was wovon zu halten war - Du wirst doch nicht hier anfangen zu heulen?" Das ist die Stimme des Geliebten - oder der Mutter? -, die sich ins Selbstgespräch drängt. Also tapfer bleiben: "Er" macht sie vielleicht runter, aber es handelt sich um "den schönsten Mann, den ich je im Leben sehen würde". Die Schlagwörter liegen nahe für die Beziehung, oder eigentlich Beziehungen, von denen Terézia Moras Roman "Muna oder Die Hälfte des Lebens" handelt. Womöglich zu nahe, in einer von der Metoo-Bewegung und populärem Feminismus gestählten Leserschaft: emotionale Misshandlung, toxische Männlichkeit, Gewalt, Machtmissbrauch. All das liegt von Anfang an auf der Hand, Terézia Moras Erzählerin Muna ist vielleicht verloren, jung, naiv, aber sie sieht die "red flags". Trotzdem käme es einem grausam und besserwisserisch dieser Figur gegenüber vor, den Roman nicht in der Hoffnung zu lesen, dass eine Liebesgeschichte daraus wird. Die Hoffnung macht einen selbst wie Muna verletzbar durch ihre Vergeblichkeit. Eine Scheu, diesem Buch mit Begriffen zu Leibe zu rücken, kommt auch daher, dass Terézia Mora kaum explizit wird in der Figurenpsychologie. Eher bringt sie ihre Form zur höchsten Kunst, in wenigen Strichen, eher spontan wirkenden Bemerkungen, ihre Figuren sehr nahe kommen zu lassen, von dem mustergültigen Romananfang an: "Nachdem sie meine Mutter mit Blaulicht weggebracht hatten, ging ich in den Hof, wo das Fahrrad stand, und schon wieder hatte es einen Platten. Ihr miesen Arschlöcher!" Laute und leise, innere und äußere Stimmen, Vorfälle und Wahrnehmungen fließen ohne Anführungszeichen ineinander, und es gibt keine Welt in dieser Erzählung als die der Ich-Erzählerin Muna Appelius. Darin bleibt das Mehrdeutige, Ambige, Unklare einfach stehen. Das ist Terézia Moras genial präziser Realismus. Rhythmus und Textur dieser Erzählweise sind ein Erlebnis, selbst wenn man vor ihrem Thema zurückscheuen sollte. Ihre vorigen Romane "Der einzige Mann auf dem Kontinent", "Das Ungeheuer" und "Auf dem Seil" bilden eine Trilogie, deren Hauptfigur Darius Kopp in seiner ausdrücklichen Normalität sehr männlich gezeichnet war. In ihrem Arbeitstagebuch "Fleckenverlauf", das 2021 erschien, gibt es den Hinweis, dass mit "Muna" jetzt eine "Trilogie der Frauen" beginnt. Auf dem Titelblatt des ersten Teils steht "Die weibliche Variante". Und die ist so eigen, dass man sich sofort den Rashomon-Effekt vorstellt, eine Wiederholung derselben Geschichte aus einer anderen Perspektive, zum Beispiel der ihres Liebesobjekts, die ein vollkommen anderes Erleben ergäbe. Aber gerade in einer unsicheren Erzählsituation wirkt es wie eine politische Entscheidung, bei dieser Frau und ihrer Sicht zu bleiben. So schmerzhaft es ist, dass gerade sie selbst unendlich bereit ist, die Gewalt, die sie erfährt, kleinzureden und wegzuinterpretieren. Sucht sie, weil sie es von zu Hause als Liebe kennt, das Unheil? Zu Anfang wird Muna gerade volljährig. Sie lebt in einer Kleinstadt in der DDR mit dem fiktiven Namen Jüris. Die Mutter ist eine mäßig erfolgreiche Schauspielerin am Stadttheater und spätestens seit dem Tod des Vaters Alkoholikerin. Sie zupft und massiert an ihrem Körper herum, der keine jugendliche Form mehr annehmen will und gibt Muna die Regeln des Lebens unter männlichen Blicken weiter: "Irgendwann muss man sich als Frau sowieso entscheiden: Ziege oder Kuh." Nach einem Suizidversuch der Mutter ist Muna auf sich allein gestellt. Sie jobbt bei einer Zeitung und deren Magazin, wo der "schönste Mann" als Autor und Fotograf auftaucht. Eigentlich ist er Lehrer. Und von vorne herein abweisend. Womöglich ein vom Leben in der Diktatur deformierter Charakter. Muna folgt ihm auf dem Fahrrad durch die Stadt, beobachtet, mit wem er ins Theater geht, und nachdem sie Abitur gemacht hat, kommt es zu einer Nacht gespielter Abgeklärtheit und erstem Sex. Dann verschwindet dieser Magnus Otto. Er sagt, auf eine Fahrradtour, die dann wohl doch eher in den Westen geht, und kurz darauf löst die Wende die Welt, in der sie sich begegnet sind, auf. Bis sie ihn wieder trifft, hat Muna studiert, und es gibt eine Reihe weiterer Männer, die unversehens ihre Grenzen missachten. Ein Englischdozent in Berlin überrumpelt sie ins Bett. Der Vater der Kinder, die sie in London babysittet, ist seiner Familie gegenüber kalt, weshalb sie ihn ausgerechnet zu begehren beginnt. Ein verkrachter Schriftsteller in Wien vergewaltigt sie beinahe. Der unschlagbare Vorteil des Romans ist, diese Reihe nicht kommentieren zu müssen: Zieht Muna kalte Egomanen an, aus Schwäche aggressiv gewordene Männer? Löst die ihr eigene Mischung aus Liebesbedürftigkeit und Abwesenheit (sie wartet immer noch täglich auf Magnus) den Impuls aus, sich ihrer zu bemächtigen? Sucht sie, weil sie es von zu Hause als Liebe kennt, das Unheil? Im Kopf der Leserin läuft schon ununterbrochen die Leuchtschrift der Künstlerin Jenny Holzer durch: "Protect me from what I want". Da trifft sie Magnus wieder. Und auch hier gibt es ein paar Fragen, die man besser nicht eindeutig beantwortet: Was macht sie da eigentlich, indem sie jahrelang Briefe an einen schreibt, den sie kaum kennt, der offenbar nicht gekannt werden will, als wäre er ihr engster Vertrauter? Warum gibt sie mehrmals fast oder ganz ihr Leben auf, um ihm hinterher zu ziehen, und hält sich doch auch an seinen Wunsch nach Abstand? Muna ist ikonisch in ihren gepflegten Illusionen und umso aufopferungsvollerer Hingabe An der Gewaltspirale, in die sich das zuerst noch als existenzialistische Distanziertheit missverständliche Verhalten dieses Mannes hineindreht, gibt es nichts zu deuteln. Körperliche Gewalt ist körperliche Gewalt. Beeindruckender noch wirkt aber, wie Terézia Mora die Gewalt langsam in den Gefühlshaushalt der beiden einschleicht. Muna überredet Magnus, ihr seine Fotos von einer gemeinsamen Reise zu zeigen: "Es sind nie Menschen drauf. Ich fotografiere keine Menschen. Warum nicht? Ich beherrsche es nicht, und ich kann schlechte Bilder nicht leiden." Noch eine lässliche Abwehr ihrer überschwänglichen Zugewandtheit, nur einen Tick zu hart. Dann gehen sie zusammen zu einem Empfang, sie fühlt sich wohl, er: "Man hätte denken können, du seist die Hauptperson." Ein Abend mit ihren Freunden, sie flüstert ihm eine Indiskretion ins Ohr, er: "Und was soll das jetzt?", wirft ein Weinglas um und verlässt wortlos das Lokal. Droht überhaupt permanent zu verschwinden. Sie versucht ein ums andere Mal, seine "Regeln" zu befolgen, ihn und sich vor den irritierten Blicken Dritter zu isolieren: "Der Mann war voller wunder Punkte, und ich kannte ihn nicht genug, um zu wissen, welche und wo und wie ich sie vermeiden konnte." Also versucht sie es selbstvergessen zu lernen. Man könnte das nun alles als Studie zur alarmierten Frage der Beziehungsberatung interpretieren: Warum verlassen Frauen ihre gewalttätigen Männer nicht? Aber die eigentliche Sensation dieses Romans ist subtiler. In ihrem Arbeitstagebuch beobachtet Terézia Mora einmal, wie die südkoreanische Schriftstellerin Han Kang in ihrem Roman "Menschenwerk", der 2014 auf deutsch erschien, "gebrochene Männer" beschreibt. Mora nennt die Figurenzeichnung "ikonographisch" in dem Sinne, dass man sie sofort wiedererkennt. Und merkt an, "dass sowohl die männlichen als auch die weiblichen Autoren am Fortschreiben dieser männlichen Ikonen arbeiten, während 'niemand' in vergleichbarer Breite an weiblichen Ikonen schreibt." "Muna" ist eine solche Ikone. An Frauen, historischen wie gegenwärtigen ist sie dermaßen wiedererkennbar, diese spezielle Kombination aus ihrerseits leise egoistisch gepflegten Illusionen und umso aufopferungsvollerer Hingabe an das Liebesgegenüber, sein Begehren, seine brutale Abgrenzung, die Realitätsverweigerung und Tapferkeit, mit der sie die Hoffnung auf eine ganz einzigartige Liebe aufrechterhalten. So wiedererkennbar, dass es geradezu unheimlich ist.
Nach ihrer Romanreihe über den Normalo Darius Kopp schreibt die genial präzise Erzählerin Terézia Mora jetzt eine "Trilogie der Frauen". Sie beginnt mit einem unheimlichen Fall von Gewalt in der Liebe.
Würden Sie sich in diesen Mann verlieben? "Und schon wieder war ich mir nicht sicher, ob er mich wirklich brutal abgekanzelt hatte oder ob ich zu empfindlich war." Fragt sich eine Achtzehnjährige. Trau deinem Bauchgefühl, antwortet der Therapiesprech von heute. Aber der innere Kompass fehlt auch, "weil ich so völlig allein war, weil ich niemanden fragen konnte, was wovon zu halten war - Du wirst doch nicht hier anfangen zu heulen?" Das ist die Stimme des Geliebten - oder der Mutter? -, die sich ins Selbstgespräch drängt. Also tapfer bleiben: "Er" macht sie vielleicht runter, aber es handelt sich um "den schönsten Mann, den ich je im Leben sehen würde".
Die Schlagwörter liegen nahe für die Beziehung, oder eigentlich Beziehungen, von denen Terézia Moras Roman "Muna oder Die Hälfte des Lebens" handelt. Womöglich zu nahe, in einer von der Metoo-Bewegung und populärem Feminismus gestählten Leserschaft: emotionale Misshandlung, toxische Männlichkeit, Gewalt, Machtmissbrauch. All das liegt von Anfang an auf der Hand, Terézia Moras Erzählerin Muna ist vielleicht verloren, jung, naiv, aber sie sieht die "red flags". Trotzdem käme es einem grausam und besserwisserisch dieser Figur gegenüber vor, den Roman nicht in der Hoffnung zu lesen, dass eine Liebesgeschichte daraus wird. Die Hoffnung macht einen selbst wie Muna verletzbar durch ihre Vergeblichkeit.
Eine Scheu, diesem Buch mit Begriffen zu Leibe zu rücken, kommt auch daher, dass Terézia Mora kaum explizit wird in der Figurenpsychologie. Eher bringt sie ihre Form zur höchsten Kunst, in wenigen Strichen, eher spontan wirkenden Bemerkungen, ihre Figuren sehr nahe kommen zu lassen, von dem mustergültigen Romananfang an: "Nachdem sie meine Mutter mit Blaulicht weggebracht hatten, ging ich in den Hof, wo das Fahrrad stand, und schon wieder hatte es einen Platten. Ihr miesen Arschlöcher!"
Laute und leise, innere und äußere Stimmen, Vorfälle und Wahrnehmungen fließen ohne Anführungszeichen ineinander, und es gibt keine Welt in dieser Erzählung als die der Ich-Erzählerin Muna Appelius. Darin bleibt das Mehrdeutige, Ambige, Unklare einfach stehen. Das ist Terézia Moras genial präziser Realismus. Rhythmus und Textur dieser Erzählweise sind ein Erlebnis, selbst wenn man vor ihrem Thema zurückscheuen sollte.
Ihre vorigen Romane "Der einzige Mann auf dem Kontinent", "Das Ungeheuer" und "Auf dem Seil" bilden eine Trilogie, deren Hauptfigur Darius Kopp in seiner ausdrücklichen Normalität sehr männlich gezeichnet war. In ihrem Arbeitstagebuch "Fleckenverlauf", das 2021 erschien, gibt es den Hinweis, dass mit "Muna" jetzt eine "Trilogie der Frauen" beginnt. Auf dem Titelblatt des ersten Teils steht "Die weibliche Variante". Und die ist so eigen, dass man sich sofort den Rashomon-Effekt vorstellt, eine Wiederholung derselben Geschichte aus einer anderen Perspektive, zum Beispiel der ihres Liebesobjekts, die ein vollkommen anderes Erleben ergäbe. Aber gerade in einer unsicheren Erzählsituation wirkt es wie eine politische Entscheidung, bei dieser Frau und ihrer Sicht zu bleiben. So schmerzhaft es ist, dass gerade sie selbst unendlich bereit ist, die Gewalt, die sie erfährt, kleinzureden und wegzuinterpretieren.
Sucht sie, weil sie es von zu Hause als Liebe kennt, das Unheil?
Zu Anfang wird Muna gerade volljährig. Sie lebt in einer Kleinstadt in der DDR mit dem fiktiven Namen Jüris. Die Mutter ist eine mäßig erfolgreiche Schauspielerin am Stadttheater und spätestens seit dem Tod des Vaters Alkoholikerin. Sie zupft und massiert an ihrem Körper herum, der keine jugendliche Form mehr annehmen will und gibt Muna die Regeln des Lebens unter männlichen Blicken weiter: "Irgendwann muss man sich als Frau sowieso entscheiden: Ziege oder Kuh." Nach einem Suizidversuch der Mutter ist Muna auf sich allein gestellt. Sie jobbt bei einer Zeitung und deren Magazin, wo der "schönste Mann" als Autor und Fotograf auftaucht. Eigentlich ist er Lehrer. Und von vorne herein abweisend. Womöglich ein vom Leben in der Diktatur deformierter Charakter.
Muna folgt ihm auf dem Fahrrad durch die Stadt, beobachtet, mit wem er ins Theater geht, und nachdem sie Abitur gemacht hat, kommt es zu einer Nacht gespielter Abgeklärtheit und erstem Sex. Dann verschwindet dieser Magnus Otto. Er sagt, auf eine Fahrradtour, die dann wohl doch eher in den Westen geht, und kurz darauf löst die Wende die Welt, in der sie sich begegnet sind, auf. Bis sie ihn wieder trifft, hat Muna studiert, und es gibt eine Reihe weiterer Männer, die unversehens ihre Grenzen missachten. Ein Englischdozent in Berlin überrumpelt sie ins Bett. Der Vater der Kinder, die sie in London babysittet, ist seiner Familie gegenüber kalt, weshalb sie ihn ausgerechnet zu begehren beginnt. Ein verkrachter Schriftsteller in Wien vergewaltigt sie beinahe.
Der unschlagbare Vorteil des Romans ist, diese Reihe nicht kommentieren zu müssen: Zieht Muna kalte Egomanen an, aus Schwäche aggressiv gewordene Männer? Löst die ihr eigene Mischung aus Liebesbedürftigkeit und Abwesenheit (sie wartet immer noch täglich auf Magnus) den Impuls aus, sich ihrer zu bemächtigen? Sucht sie, weil sie es von zu Hause als Liebe kennt, das Unheil? Im Kopf der Leserin läuft schon ununterbrochen die Leuchtschrift der Künstlerin Jenny Holzer durch: "Protect me from what I want". Da trifft sie Magnus wieder.
Und auch hier gibt es ein paar Fragen, die man besser nicht eindeutig beantwortet: Was macht sie da eigentlich, indem sie jahrelang Briefe an einen schreibt, den sie kaum kennt, der offenbar nicht gekannt werden will, als wäre er ihr engster Vertrauter? Warum gibt sie mehrmals fast oder ganz ihr Leben auf, um ihm hinterher zu ziehen, und hält sich doch auch an seinen Wunsch nach Abstand?
Muna ist ikonisch in ihren gepflegten Illusionen und umso aufopferungsvollerer Hingabe
An der Gewaltspirale, in die sich das zuerst noch als existenzialistische Distanziertheit missverständliche Verhalten dieses Mannes hineindreht, gibt es nichts zu deuteln. Körperliche Gewalt ist körperliche Gewalt. Beeindruckender noch wirkt aber, wie Terézia Mora die Gewalt langsam in den Gefühlshaushalt der beiden einschleicht. Muna überredet Magnus, ihr seine Fotos von einer gemeinsamen Reise zu zeigen: "Es sind nie Menschen drauf.
Ich fotografiere keine Menschen.
Warum nicht?
Ich beherrsche es nicht, und ich kann schlechte Bilder nicht leiden."
Noch eine lässliche Abwehr ihrer überschwänglichen Zugewandtheit, nur einen Tick zu hart. Dann gehen sie zusammen zu einem Empfang, sie fühlt sich wohl, er: "Man hätte denken können, du seist die Hauptperson." Ein Abend mit ihren Freunden, sie flüstert ihm eine Indiskretion ins Ohr, er: "Und was soll das jetzt?", wirft ein Weinglas um und verlässt wortlos das Lokal. Droht überhaupt permanent zu verschwinden. Sie versucht ein ums andere Mal, seine "Regeln" zu befolgen, ihn und sich vor den irritierten Blicken Dritter zu isolieren: "Der Mann war voller wunder Punkte, und ich kannte ihn nicht genug, um zu wissen, welche und wo und wie ich sie vermeiden konnte." Also versucht sie es selbstvergessen zu lernen.
Man könnte das nun alles als Studie zur alarmierten Frage der Beziehungsberatung interpretieren: Warum verlassen Frauen ihre gewalttätigen Männer nicht? Aber die eigentliche Sensation dieses Romans ist subtiler. In ihrem Arbeitstagebuch beobachtet Terézia Mora einmal, wie die südkoreanische Schriftstellerin Han Kang in ihrem Roman "Menschenwerk", der 2014 auf deutsch erschien, "gebrochene Männer" beschreibt. Mora nennt die Figurenzeichnung "ikonographisch" in dem Sinne, dass man sie sofort wiedererkennt. Und merkt an, "dass sowohl die männlichen als auch die weiblichen Autoren am Fortschreiben dieser männlichen Ikonen arbeiten, während 'niemand' in vergleichbarer Breite an weiblichen Ikonen schreibt."
"Muna" ist eine solche Ikone. An Frauen, historischen wie gegenwärtigen ist sie dermaßen wiedererkennbar, diese spezielle Kombination aus ihrerseits leise egoistisch gepflegten Illusionen und umso aufopferungsvollerer Hingabe an das Liebesgegenüber, sein Begehren, seine brutale Abgrenzung, die Realitätsverweigerung und Tapferkeit, mit der sie die Hoffnung auf eine ganz einzigartige Liebe aufrechterhalten. So wiedererkennbar, dass es geradezu unheimlich ist.
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