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Gefährliche Machenschaften im Harlem der Siebziger, eine zerrissene jüdische Familie und Wokeness im Visier. Das sind die Bücher des Monats August. Die ausführlichen Rezensionen zu den Büchern auf den Produktdetailseiten der Titel.
In der Fortsetzung des Romans "Harlem Shuffle" steht erneut Ray Carney im Mittelpunkt. Der Ex-Hehler und Teilzeitkriminelle will sich jetzt allerdings möglichst heraushalten aus dem Geschäft, im Harlem der Siebzigerjahre arbeitet er vor allem als Möbelverkäufer. Doch Carney lebt im turbulenten New York, geprägt von Gangsterkriegen und politischem Aufruhr, in einer Zeit, in der die Rassentrennung gerade erst aufgehoben wurde und das schwarze Bürgertum ein besseres Leben anstrebt. Der zweifache Pulitzer-Preisträger Colson Whitehead stellt in seinem Gangster-Roman "Die Regeln des Spiels" mit präzisem Stil das Milieu und die Protagonisten vor, die gegen ein von der Gesellschaft vorgezeichnetes Schicksal ankämpfen. Durch historische Bezüge und meisterhafte Erzählkunst veredelt er das Pulp-Genre und beleuchtet schwarze Biografien, Moral und die Verstrickungen der damaligen Wirtschaftswelt.
Diese Familie ist in alle Himmelsrichtungen verteilt: Der Vater Avi kommt aus Israel, lebt in Berlin und ist dort Kantor einer Synagoge. Seine 15-jährige Tochter Margarita macht Ferien bei den Eltern ihrer amerikanischen Mutter in Chicago. Die Mutter selbst hat Mann und Kind vor Jahren verlassen und ist gerade für einen Gastaufenthalt an einer Universität in Jerusalem. Dorthin lädt sie die Tochter jetzt ein. Abwechselnd aus der Perspektive von Margarita und Avi erzählt dieser Roman von einem langen Sommer, in dem die drei wie Satelliten umeinander kreisen, Sehnsucht nacheinander haben und doch voneinander wegstreben. Dana Vowinckels feinfühliger Coming-of-Age-Roman enthüllt, ohne Kitsch, die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und thematisiert gleichzeitig die Angst davor. Ein hinreißendes Debüt.
Hat man den Status als Linker verwirkt, obwohl man sich sein Leben lang für Gerechtigkeit eingesetzt hat? Diesen Eindruck, schreibt die amerikanische Philosophin Susan Neiman, hätten inzwischen viele ihrer Freunde und Bekannten. In ihrem Buch "Links ist nicht woke" denkt sie über die aktuelle Debatte über Cancel Culture und Identitätspolitik nach. Neiman analysiert, wie postmoderne Theorien die Linke beeinflusst haben, und beklagt einen vermeintlichen Verlust des Universalismus und grundlegender linker Werte. Sie plädiert dafür, die Betonung auf Identität und Opfererzählungen durch eine Rückbesinnung auf die Ideale der Aufklärung zu ersetzen. Handeln sei unerlässlich, auch im Kampf gegen rechte Kräfte. Ihre Thesen stoßen auf große Resonanz - und Kritik.
Ein Buch aus Russland über nicht aufgearbeitete Staatsverbrechen der Stalinzeit - und zwar aus dem Jahr 2020? Nikolai Epplées Buch, nun auf Deutsch erschienen, ist eine kleine Sensation. Was hier herausgearbeitet wird, ist Grundsätzliches zum Umgang ganzer Gesellschaften mit Verbrechen und Traumata. Weite Teile des Buches lesen sich wie ein Psychogramm Russlands der Gegenwart. Doch die Analyse weist über die Realität des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hinaus. Es geht auch um die Zukunft, in der sich die russische Zivilgesellschaft den Verbrechen stellen muss, die nicht nur unter der Herrschaft Stalins, sondern nun auch ganz aktuell in ihrem Namen in der Ukraine verübt werden.
Der Journalist Stephan Lamby ist Spezialist für TV-Dokus aus dem inneren Berliner Politzirkel. Seit dem Amtsantritt der Ampel-Koalition war er wieder ganz nah dran an den Mächtigen und nicht so Mächtigen - und wenige Monate später war plötzlich Krieg in Europa. "Ernstfall" gibt es als Film (11.9., ARD) und als Buch. Stets gut informiert und vernetzt, weiß Lamby allerlei Details zu berichten und analysiert die Regierung zwischen Krisenmodus und Zeitenwende auf eingängige Weise. Das alles ist hochspannend und anekdotenreich - doch die Nähe zu Robert Habeck gibt dem wichtigsten Ampel-Buch des Jahres eine leicht peinliche politische Schlagseite.
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