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Heilige Schrift I - Bild 1

Heilige Schrift I

Rezensiert von Miryam Schellbach, Süddeutsche Zeitung

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Beschreibung

Und plötzlich dachte ich: Es wäre einmal tatsächlich über ALLES zu schreiben, genau an diesem Ort, an dem für mich erstmal so wenig ist.

Das Dorf, das Flimmern des Internets, die Nachbarskatze, die kleinen Bewegungen, Donald Trump und die Schönheit, Miley Cyrus und Peter Handke, die spielenden Kinder, das Nachdenken über Theater und Literatur, der Himmel über dem Weinberg und das Überleben zwischen den alltäglichen Dingen, schreibend, Tag für Tag - die Heilige Schrift handelt von dem radikalen Versuch, das Leben möglichst vollständig und unmittelbar zu erfassen, mit allen literarischen Mitteln. In einem kleinen Dorf in Frankreich schreibt Wolfram Lotz ein Jahr lang mit, jeden Tag, von morgens bis nachts. Knapp 3000 Seiten. Kurz danach löscht er den entstandenen Riesentext wieder. Dennoch liegen nun über 900 Seiten vor, weil er im Frühjahr 2018, noch während der Arbeit, den Anfang des Textes per Mail an einen Freund geschickt hat.

»Heilige Schrift I« ist das poetische Dokument eines wahnwitzigen Projektes, das sich dem puren Exzess öffnet und dabei zeigt, was es wirklich bedeutet, über die Gegenwart zu schreiben.

Details

Auflage
1. Auflage
Autor/en
Wolfram Lotz
Erscheinungstermin
25.04.2022
ISBN
9783103971354
Seitenzahl
912
Verlag / Label
S. Fischer Verlag GmbH

Rezensiert von Miryam Schellbach, Süddeutsche Zeitung

Trötend und flötend

Ins Kleine drängt das Lebensgefühl bei stehender Hitze , wegschmelzendem Straßenteer und implodierenden Phones ohnehin. Und innensichtlich kleiner als bei Wolfram Lotz ist kaum möglich. Auf fast 1000 Seiten hat der Dramatiker nichts anderes aufgeschrieben, als das, was er zwölf Monate lang, beginnend im August 2017 gesehen, gehört, gefühlt, gedacht hat: Was seine Kinder, „E und O“ spielen (meist Lautes, „trötend und flötend“), wer so anruft, Thesen zu Peter Handke (gut-schlecht) oder Kendrick Lamar („Gut, ja“), Gedanken zum Gegenwartstheater (Verkörperungswahnsinn), die Taubengeräusche vorm Fenster („Chu chu chu“). Das Kompendium eines durchschnittlichen vor-Pandemie-Jahres, erlebt von einer mehr oder weniger durchschnittlichen Persona (Mittvierziger, Vater zweier Kinder, bildungsbürgerliches Kunstprekariat), aufgeschrieben in mäandernden Sätzen, die neue Fenster auch zur eigenen Welt öffnen: „Die Dinge werden ja niemals EINGEFANGEN, sondern im Schreiben zeigt sich nur das Verhältnis zu ihnen, MEIN.“ Beflissene und Nostalgiker lesen im Sommer Proust, alle anderen in diesem Jahr Wolfram Lotz.